Als ich sagte, ich könne einmal das ANgeDACHT schreiben, wurde mir dieser Sonntag zugeteilt, der 9. Mai. Betet! Ausgerechnet. Dabei bete ich doch gar nicht. Na ja – so gut wie nie. Und dann noch im Imperativ – Beten als Kommando, wie soll das denn bitte gehen?
Als ich Kind im Missionsinternat war, wurde jeden Abend um 7 eine Andacht gehalten. Am Ende wurde gebetet – reihum. Es fühlte sich wirklich an wie ein Befehl: „Bete!“ Ich musste irgendetwas sagen und sagte dann irgendwas Unverfängliches wie „Lieber Gott, lass morgen das Wetter wieder schön werden, damit wir wieder Spaß im Pool haben können.“ Dabei war mir das Wetter völlig egal – ich liebte den afrikanischen Regen, und ohnehin kletterte ich lieber auf Bäume als zu schwimmen. Aber ein paar Worte, die als Gebet identifizierbar waren, musste ich ja von mir geben…
Das ist wohl so gar nicht das, was Søren Kierkegaard meinte mit seinem „Still­werden“ und „Hören“, oder Gandhi mit seiner „Sehnsucht der Seele“. Beten soll doch nicht zum Schein sein, zum Gut-Dastehen, weil es andere wollen … oder?

Ich glaube, wenn ich heute regelmäßig ernsthaft beten würde, wäre es vielleicht so:

„Ich erkenne, dass ich angewiesen bin auf Liebe und Gnade.
Ich sehe ein, ich schaffe es nicht allein.
Ich erkenne meine Hilflosigkeit an und lasse mich fallen.
Ich vertraue darauf, dass es etwas Größeres gibt, das mich auffangen wird.
Erst macht das Loslassen Angst – und dann frei.
Dadurch öffne ich mich für Gottes Gnade.“

Was dann kommt, weiß ich noch nicht, aber ich kann mir schon vorstellen, dass ich dann zugänglicher wäre zu hören auf Gottes Wunsch für mich und mein Leben, und wie ich für andere wirken soll.
Vielleicht versuche ich es mal – aus ganz freien Stücken.

„Ein Gebet ist keine Bitte. Es ist eine Sehnsucht der Seele. Im Gebet ist es besser ein Herz zu haben ohne Worte als Worte ohne Herz.“ Mahatma Gandhi

„Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Redet ist, ich wurde ein Hörer.“ Søren Kierkegaard

 

Wochenspruch:    Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.   (Psalm 66,20)

Wochenpsalm:      Psalm 95,1-7a

Wochenlied:           EG 344 – Vater unser im Himmelreich

Download:               ANgeDACHT 2021-19 

 

Zu Beginn der Woche grüßt Sie herzlich

Silvia Grimmsmann
Fliedners Lafim-Diakonie