Auf einem Granitblock am südlichen Rande des Zooviertels von Hannover sitzt seit 2007 eine kleine Bronzefigur, entworfen von der Künstlerin Ulrike Enders. Dargestellt ist Momo – das Mädchen aus dem gleichnamigen Roman von Michael Ende. Das große Ohr in ihren Händen deutet auf ihre besondere Begabung hin: Momo hatte die Fähigkeit, „ganz Ohr zu sein“. Michael Ende schreibt dazu: „So kam es, dass Momo sehr viel Besuch hatte. Man sah fast immer jemand bei ihr sitzen, der (..) mit ihr redete. Und wer sie brauchte und nicht kommen konnte, schickte nach ihr, um sie zu holen. Und wer noch nicht gemerkt hatte, dass er sie brauchte, zu dem sagten die anderen: ‚Geh doch zu Momo!‘“ Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören.

Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher sagen, Zuhören kann doch jeder! Aber, das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur ganz wenige Men­schen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.
Es ist ein großer Schatz, wenn wir in unserem Bekannten- und Freundeskreis und bei unserem Dienst in der Lafim-Diakonie so eine „Momo“ haben – oder selbst in der Lage sind, anderen „ein Ohr zu schenken“. Ich glaube unser größtes Kommunikations­problem ist: Wir hören nicht zu, um zu verstehen. Wir hören zu, um zu antworten. Wahrscheinlich kennen die meisten von uns diese Erfahrung: dass wir beim Zuhören gedanklich schon längst mit unserer eigenen schlauen Antwort beschäftigt sind. Ich ertappe mich leider auch des Öfteren dabei oder werde dabei ertappt.

Wenn wir verlernen, wirklich zuzuhören, verlieren wir den Kontakt zu anderen Men­schen genauso wie den Kontakt zu Gott. Gleichzeitig verlieren wir mit der Fähigkeit
zum Zuhören auch die Möglichkeit, uns korrigieren zu lassen und weiterzuentwickeln.

Die Bibel fordert immer wieder auf, bewusst zuzuhören. Als Jesus seine Jünger los­schickt, gibt er ihnen mit auf den Weg: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich“. Dahinter steckt die Erinnerung, dass Gott immer wieder auch durch andere Menschen zu uns spricht.

In jeder menschlichen Begegnung, in jedem Gespräch kann es geschehen, dass Gott uns begegnet und zu uns spricht. Gerade deshalb ist es so wichtig, empfänglich zu bleiben für das leise Reden Gottes inmitten der unzähligen äußeren und inneren Stimmen, die unsere Ohren und Herzen täglich bombardieren. Wir brauchen das „Momo-Ohr“, um wachsam zu sein für die oft leise und zarte Stimme, die dabei hilft, Gottes Spuren zu entdecken – in unserem kleinen Alltag und in der großen Welt.

 

Wochenspruch:     Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und
die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
Heiligen Geistes sei mit euch allen.   2.Korinther 13,13

Wochenpsalm:       Psalm 27  –  EG 714

Wochenlied:            EG 139  –  Gelobet sei der Herr

Download:               ANgeDACHT 2021-22

 

Zu Beginn der Woche grüßt Sie herzlich

Diakon Olaf Eggert
Fliedners Lafim-Diakonie gemeinnützige GmbH