Phil Bosmans

Wertvolle Begegnungen

Geplant sind solche Begegnungen eher nicht und umso mehr bin ich immer wieder erstaunt, wie wertvoll und wichtig sie sind.
Ein Kurzurlaub im Schwarzwald. Oberhalb von Wolfach verläuft der Jakobs­weg und dort steht die St. Jakobuskapelle. Daneben ein Wohnhaus mit dem Türschild: “Hier wohnt Bruder Otto“ und die freundliche Einladung einzutre­ten. Bruder Otto lebt hier als Eremit und ist einer, der nach einer aufregenden Lebensreise seinen Platz gefunden und die Einsamkeit für sich entdeckt hat.
Er lässt uns teil haben an seiner Geschichte: Seine Kindheit verbrachte Otto bei den Großeltern. Später lernte er in Freiburg Buchdrucker, Schriftsetzer und Buchbinder. Es folgte eine wilde Zeit: er schloss sich der Punk-Szene an. Er berichtet von Demos, Hausbesetzungen, von Perspektivlosigkeit und persönlichen Schicksalsschlägen.
Doch dann hatte er seine wertvolle Begegnung mit einem japanischen Zen-Mönch. Der Mönch forderte ihn immer wieder auf, in sein Kloster nach Kyoto zu gehen. Irgendwann gab er nach, packte ein paar Sachen und wollte für zwei Wochen nach Kyoto. Daraus wurden dann fast drei Jahre und aus dem Punk wurde ein Mönch.
Als er zurück nach Freiburg kam, erinnerte nichts mehr an ihn. Seine alten Freunde meinten, er wäre gestorben. So ging er fort, machte Karriere und leitete schließlich eine große Druckerei. Er verdiente mehr als er verbrauchen konnte. Trotz Wochenendtrips im Maßanzug nach New York und schnellen Autos – das war nicht das Leben, das er wollte und so ging er einen ungewöhnlichen Schritt. Er verschenkte die Firma und sein Vermögen an die Belegschaft.
Er selbst verbringt nun Zeit in wechselnden Klöstern und entschließt sich für den Orden der Franziskaner. Er hat dann eine weitere prägende Begeg­nung: Mutter Theresa. Bruder Otto erzählt uns von der gemeinsamen Arbeit in Kalkutta, bringt uns Mutter Theresa aus ganz persönlicher Sicht nahe, beschreibt das unfassbare Elend in den Straßen und auf den Plätzen.
Bruder Otto berichtet von weiteren Reisen, von Tibet und zwei Mal den Franziskusweg nach Assisi. Es gibt wenig, was Bruder Otto nicht erlebt hat und ich freue mich auf sein Buch, dass bald erscheinen wird.
Wir wollen uns verabschieden. Aus einem geplanten kurzen Besuch wurden einige Stunden. Aber so einfach lässt er uns nicht gehen. Wir läuten zum Abschied die zwei Glocken der St. Jakobuskapelle und Bruder Otto sagt: „Damit die im Tal hören, dass ich Besuch habe.“

 

Segen

Unser Alltag ist voll unverhoffter Begegnungen mit Menschen,
die wir lange nicht gesehen haben, aber auch mit Menschen,
die wir nicht kennen.
Mit manchen kommt es zu einem längeren Gespräch,
mit anderen bleibt nur Zeit für ein paar Sätze.
Herr, lehre uns dankbar zu sein für diese Momente
und sie als Bereicherung für unser Leben anzusehen.
Segne uns und alle, denen wir in dieser Woche begegnen.

 

Wochenspruch:     So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.   Eph 2,19

Wochenpsalm:    Psalm 107, 1 – 9

Wochenlied:         EG 418  –  Brich dem Hungrigen dein Brot

Download:             ANgeDACHT 2021-29

 

Eine gute Woche mit wertvollen Begegnungen wünscht

Dorette Herper
Lafim-Diakonie für Menschen im Alter gemeinnützige GmbH