Friedensandacht aus aktuellem Anlass

Die Welt nimmt schlimmen Lauf

 Du, Gott des Friedens,
Du, Bruder voller Menschenliebe,
Du, Geist der Versöhnung,

in Deinem Namen schreien, rufen und bitten wir um Frieden,
in Deinem Namen flehen und sehnen wir uns nach Nächsten- und Feindesliebe,
in Deinem Namen hoffen und vertrauen wir immer neu auf die Kraft der Versöhnung.

Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

LIED EG 430

Mit dem Liedtext „Gib Frieden Herr gib Frieden. Die Welt nimmt schlimmen Lauf“, den der Brandenburger Pfarrer Jürgen Henkys 1980 aus dem Niederländischen übersetzt hat und der in der Friedensbewegung der DDR verbreitet war, bringen wir heute unser Entsetzen und unsere Ohnmacht zum Ausdruck angesichts des Überfalls der russischen Armee auf die Ukraine.
Wir glaubten so etwas nach den schrecklichen Erfahrungen zweier Weltkriege und dem Ende des kalten Krieges nie wieder in unserer Nachbarschaft erleben zu müssen. Und nun können wir nur Einstimmen in den Liedtext, der heute aktueller ist, denn je: „Recht wird durch Macht entschieden, wer lügt liegt obenauf. Das Unrecht geht im Schwange, wer stark ist, der gewinnt. Wir rufen: Herr wie lange? Hilf uns, die friedlos sind.“ Treffender und aktueller können wir es nicht ausdrücken, als es diese Liedstrophen aussagen.

Sprachlos sehen wir die Bilder, ohnmächtig verfolgen wir die Nachrichten, hilflos begreifen wir in welcher falschen Sicherheit wir uns sahen.

Wir sind herausgefordert uns als Christ:innen zu bekennen und deutlich zu sagen, dass Christus unser Frieden ist, dass Krieg um Gottes Willen nicht sein darf.
Laut muss unser Ruf sein nach Besonnenheit und Weisheit, trotz aller Aggression und allen Unrechts, das uns entgegenschlägt.
Wir können als Christ:innen nur das Lied des Friedens singen, wir sind herausgefordert gerade jetzt zu verstehen, dass Nächstenliebe in Jesu Sinn gerade nicht nur den Nächsten und den Nachbarn gilt. Diesen gilt sie auch, da ist sie selbstverständlich. Nächstenliebe in Jesu Sinn schließt den Feind ein, den Aggressor, den wir nicht verstehen. Jesus sagt deutlich: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ (Mt. 5,44) – In unserer Ohnmacht steckt die Wut, die zurückschlagen will, eine militärische Antwort erwägt. Das ist das schreckliche am Krieg, dass er scheinbar Vergeltung herausfordert und so die Eskalation vorantreibt. Aber der Krieg verschlingt sich zu guter Letzt selbst. Besonnenheit heißt, so schwer uns das angesichts der Bilder fällt, Besonnenheit heißt innehalten, den Frieden gerade jetzt suchen, für Versöhnung eintreten, Vertriebene trösten und aufnehmen, Verwundeten helfen und alles tun, dass dieser Krieg ein Ende nimmt, ohne einen weiteren Gewaltkreislauf in Gang zu setzen. Ein Weltkrieg im 21. Jahrhundert ist nicht zu gewinnen. Es muss weiterverhandelt werden und weitergesprochen, auch die Angreifenden sind Menschen, das dürfen wir nicht vergessen.

Zugleich aber sind unsere Worte als Christ:innen darin klar: Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Krieg. Es ist kein Zeichen von Macht und Größe aus der Übermacht heraus einen Krieg anzuzetteln. Die Toten egal welcher Seite klagen die an, die Verantwortung für den Krieg tragen.
Daran gibt es keinen Zweifel. Vor Gott ist kein Krieg gerecht.
Dabei bleiben wir, dazu stehen wir und darum rufen wir Gott um Hilfe an:

Gib Frieden, Herr, wir bitten! Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten, die Furcht wächst mehr und mehr.
Die Horizonte grollen, der Glaube spinnt sich ein.
Hilf, wenn wir weichen wollen, und lass uns nicht allein.

Gib Frieden, Herr, wir bitten! Du selbst bist, was uns fehlt.
Du hast für uns gelitten, hast unsern Streit erwählt,
damit wir leben könnten, in Ängsten und doch frei,
und jedem Freude gönnten, wie Feind er uns auch sei. (EG 430,2+3[1])

 

Wir bitten und beten für alle Menschen, die betroffen sind:
Gott, Du Ewige,
wir bitten für die Menschen, die auf dem Schlachtfeld sinnlos sterben,
sie können nicht tiefer fallen als in Deine Hand.
Gott sei Du ein Halt und Tröster,
für die Menschen, die Angehörige verloren haben und noch verlieren in diesem Krieg,
für die Menschen, die jetzt schon verwundet wurden,
und für die Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen und fliehen werden.
Du Gott, der Liebe,
lass Deine Liebe ausstrahlen,
damit die Menschen, die das Leid des Krieges unverschuldet ertragen müssen,
Hilfe finden wo es nur geht und offene Türen und offene Grenzen,
damit Sie Menschen finden, die sie aufnehmen und ihnen eine Perspektive geben.
Du Geist, der Versöhnung,
wirke, damit alle Politiker:innen dieser Welt,
und alle militärisch Verantwortlichen,
und wer immer in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Einfluss hat
klug und besonnen bleibt,
nicht einstimmt in die Logik von Krieg, Aggression und Hass,
sondern den Frieden sucht und alles dafür tut,
dass dieser Krieg nicht weitere Opfer fordert.
Herr, es steht allein in Deiner Macht, sende Deinen Geist. Amen.

 

Wir vertrauen auf Deine Macht, Dein Segen macht die Welt gut,
lass ihn wirken in allen Herzen – hier und in den Schützengräben,
in Europa und in Russland.
Wir stellen uns unter die Macht Deiner Güte,
segne uns, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

Pfarrer Matthias Welsch

[1] Text: Jürgen Henkys (1980) 1983 nach dem niederländischen »Geef vrede, Heer, geef vrede« von Jan Nooter 1963 – Melodie: Befiehl du deine Wege (Nr. 361)