2021/04

Man kann sich gar nicht vorstellen, wie groß das Problem für die ersten Christen war: wer oder was war denn dieser Jesus, den wir jetzt den Christus nennen?

Die Leute in der griechischen Stadt Kolossai hatten von dem Apostel Paulus die ganze Geschichte gehört, damit konnte man in seinem Leben wirklich etwas anfangen. Nicht das mit den fernen und unsichtbaren Göttern, von denen man eigentlich gar nichts merkt, und die bei den großen Problemen des Alltags in keiner Weise helfen können. Wenn es im Leben schwer wurde, dann war von denen nichts zu sehen. Und nun hat ihnen Paulus von einem Mann erzählt, der wirklich da war. Kein Geist, keine Geschichte, kein Märchen. Dabei haben doch die Juden – und dieser Jesus war Jude – immer erzählt: Gott kann man nicht sehen! Und das 2. Gebot* sagt eindeutig: wir sollen uns auch keine Bilder von ihm machen! Die anderen Völker hatten alle Bilder, Statuen oder heilige Tiere – eben irgendwas, was man sehen, ja anfassen konnte. Eben was Handfestes, etwas zum Vorzeigen. Und nun sagt ihnen Paulus, es ist so: Jesus Christus war wirklich da. Der unsichtbare Gott zeigt Gesicht. Mit dem fängt so zusagen noch einmal alles von vorn an. So, als würde mit ihm die Schöpfung, die Erschaffung der Welt wieder neu beginnen. Wunderbar ist das, kaum zu glauben! Bis dahin war man Götter gewöhnt, denen man Opfer zubringen hatte, die nie da waren, wenn man sie brauchte. Kalte Götzenbilder, angsteinflößend und nutzlos. Für die Christen in Kolossai war das völlig neu. Ein Gott, vor dem man keine Angst haben muss, der im Gegenteil die Angst beseitigt. Nur, zu sehen ist er wieder nicht. Menschen mögen Dinge, die sie sehen können. „Was ich nicht sehen kann, das gibt es nicht!“

Ich kann mich mit Schaudern daran erinnern, wie eine Lehrerin mich als 10jährigen vor der ganzen Klasse aufforderte, doch nun mal meinen Gott zu zeigen. Ich habe in diesem Augenblick, wo die „pädagogische Fachkraft“ die ganze Klasse aufforderte, mich nun auszulachen, gebetet: Lieber Gott, mach was! Lass ihr grüne Haare wachsen, oder verwandle sie in eine Kuh! Das hat er nicht getan. War wohl auch etwas zu viel verlangt. Aber mal echt, wäre es nicht wunderbar, wenn gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit unser Gott mit der Faust auf den Tisch hauen würde, so dass alle wach werden. Die Spinner und machtbesessenen Gernegroßen erzählen den größten und gefährlichsten Unsinn, und viele Leute glauben das auch noch. Wo sie doch sonst immer nur an das glauben, was sie sehen können. Von dem guten Gott, der mit Jesus wirklich Gesicht gezeigt hat, wollen sie nichts wissen. Und wenn im Internet die abenteuerlichsten Verschwörungstheorien verbreitet werden, dann glauben sie es. „Ja,“ sagen sie, „ja, da steht es doch schwarz auf weiß, da kann ich das doch sehen!“
Lasst euch von niemandem betrügen, fallt nicht auf Leute herein, die so tun, als hätten sie die Wahrheit und Lösung für eure Probleme! So sagt es Paulus den Christen damals und auch uns heute. Wenn Menschen Gott spielen und das Heil versprechen, dann wissen wir es besser. Immer kann man hinter die Kulissen schauen, wenn man das will. Leichtgläubig ist das Stichwort. Leichtgläubig sind Menschen immer gewesen. Wir nicht! Wir haben für unseren Glauben einen schweren Grund, eine unerschütterliche Grundlage, die keine Modeerscheinung ist. „Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes“, sagt uns Paulus. Wir haben Bilder, die uns Gott symbolisch zeigen: Nächstenliebe, Geduld, Hoffnung, Glaube und Liebe. Das ist ganz konkret, mit Händen zu greifen. Und das ist für immer, wunderbar!

Ihr Pfarrer Matthias Fiedler

* Das 2. Gebot des Alten Testamentes hat Martin Luther bei den 10 Geboten, wie wir sie kennen, einfach wegfallen lassen.