Ein pessimistisches Monatswort wird uns im September zur Herausforderung, vor allem in dieser Absolutheit, mit der der Prophet dieses Gerichtswort spricht.
Erschreckend nahe ist es vielen Menschen gerückt, die bei der Flut alles verloren haben. Sie mögen sich genau so fühlen, wenn ein Regentag die Frucht von jahrzehntelangem Arbeiten hinwegschwemmt und den Menschen, die in Südeuropa von den Feuersbrünsten betroffen ist, mag es genauso ergehen.
Der Prophet lenkt unseren Blick darauf und macht uns die Zerbrechlichkeit unseres Lebens bewusst und erinnert daran, dass unser Besitz und das irdische Leben nicht für die Ewigkeit bestimmt ist, sondern auch geprägt ist von Hunger und Durst.
Haggai greift das Jammern seiner Zeitgenossen auf, die nach dem Exil in ein zerstörtes und verwüstetes Land zurückgekommen sind. Sie sehen nur sich selbst. Sie sehen nur die eigene Not und versuchen mit allen Mitteln dieser Not ein Ende zu setzen. Das ist menschlich. Das Haus Gottes und die Hinwendung zu ihm sind ihre geringste Sorge. Sie fragen, warum greift Gott nicht ein? Und dennoch erwarten sie in der Not sein eingreifen. Das hinterfragt der Prophet kritisch. Wir erwarten in der Not alles von Gott, aber wenn es uns geht, dann vergessen wir ihn. Das passt nicht zusammen.
Die Lösung unserer Probleme bringt nicht unermüdliches Arbeiten. Die Lösung geschieht durch eine veränderte Blickrichtung. Unsere Wertvorstellungen müssen sich verändern. Nicht die eigenen Häuser haben den Vorrang. Vorrang hat das Haus Gottes. Sobald sie die Arbeit am Tempel aufnehmen, wird auch ihrem persönlichen Tun Erfolg beschieden sein. So sieht das der Prophet. Im neuen Testament heißt es dazu: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“. Beides ist in diesem Satz enthalten, die Aufforderung zum Gottesdienst und zum Dienst am Nächsten. Gott wünscht sich eine Welt, in der Gerechtigkeit und Liebe wohnen. Ihren Anfang nimmt diese Welt, wo Menschen sich Gott öffnen und sich von ihm verändern lassen.[1]
Herzliche Grüße
Ihr Pfarrer Matthias Welsch
[1] Gedankengänge von Adelheid M. von Hauff in Pastoralblätter 09/21 übernommen.