2022/08

Also, das mit dem Richten so vor Gericht und so, das ist ja nicht immer zum Jubeln. Auf hoher See und vor Gericht, so sagt man, ist man in Gottes Hand. Eine Sicher­heit gibt es da nicht. Also kann man eigentlich erst jubeln, wenn man ein möglichst positives Ergebnis in den Händen hält. Und das mit den positiven Dingen sieht im Augenblick nicht so positiv aus. Was schön wäre, wenn jemand, am besten Gott, selbst dazwischen ginge und manchen Verbrechern der Welt ein Urteil mit Konse­quenzen überbringe würde. Das wäre gut, da könnten wir jubeln. Aber sind wir da alle so sicher, dass wir die Guten sind, die die vor dem Gericht unseres Gottes als die Gerechten dastehen. Sicher, es gibt immer viele, die schlimmer sind als wir, aber so ganz ohne Schuld sind wir vielleicht auch nicht. In der Bibel ist oft von dem „Jüngsten Gericht“ die Rede. Man kann besser sagen: dem „Letzten Gericht“. Das ist dann wohl die Gerechtigkeit in Reinkultur. Keine Beziehungen, keine Bestechung, keine Entschuldigungen, die reine Wahrheit. Oh, Das klingt nur oberflächlich gut, das hört sich gefährlich an. Jedenfalls nicht nach Jubeln, eher nach Unsicherheit. Wenn Gott die Welt richtet, wie es hier im 1. Buch der Chronik des Alten Testamen­tes heißt, dann liegt alles offen. Ein Gericht mit offenen Karten. Was soll da zum Jubeln sein? Die Freude kommt erst auf, wenn wir in der Bibel weiterlesen und bei Jesus auf das wichtige Wort „Vergebung“ stoßen. Da kann man aufhorchen, das klingt so, als müsste man keine Angst haben. Das ist so. Seit wir durch die Taufe zur Familie Gottes gehören, haben wir plötzlich doch wieder Beziehungen, gibt es trotzdem Entschuldigungen. Ent-Schuldigung heißt, die Schuld wird entsorgt. Na prima, dann können wir ja machen, was wir wollen! Nö! So nicht! Paulus sagt das ungefähr so: „wenn ihr nun von Gott die Entschuldigung bekommen habt, dann müsst ihr euch auch so benehmen. Und zwar so, dass die anderen es sehen und Lust bekommen, es euch nachzumachen!“ Das klingt nun wieder nicht so einfach. Ja, aber schwer ist es auch nicht. Eher doch zum Jubeln. So sehr, dass sogar die Bäume im Wald jubeln. Ein tolles Bild. Die ganze Welt wird froh sein, wenn das geschieht. Dann sollte es bald geschehen. Aber das bestimmen wir – Gott sei Dank – nicht. Wir können uns trotzdem mit Freude vorbereiten.

Paul Gerhardt hat das in seinem Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“ wunderbar beschrieben:
Mach in mir deinem Geiste Raum,
dass ich dir werd ein guter Baum,
und lass mich Wurzeln treiben.
Verleihe, dass zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum
und Pflanze möge bleiben.

 

Mit herzlichen Sommergrüßen
Matthias Fiedler