„Hochmut kommt vor dem Fall“ – das ist nicht nur so dahingesagt. Bei diesem Schicksal der Hochmütigen sind sich die Bibel, die alten Ägypter und vor allem die Griechen und unsere Groß- und Urgroßeltern sehr einig. Hochmut, oder „auf einem hohen Ross sitzen“ oder in einem protzigen Präsidentenpalast – wenn der Hochmut ein Land, ein Haus, eine Familie, einen Menschen bestimmt, nimmt das ein schlimmes Ende. Oft leider nicht für den Verursacher selbst!
Wir sind gerade dabei genau dahin abzugleiten, ja alles in unserer Zeit mögliche zu tun, um am Ende alles zu ruinieren: unseren Frieden, unsere wunderbare Erde mit all den zauberhaften Geschöpfen von den Maiglöckchen bis zu den Wiedehopfen, von den Obstblüten zu den Erdbeeren. Das frisch gemähte Gras verzaubert mich immer noch viel mehr als Chanel oder Douglas es je könnten!
Ach Joel, möchte ich sagen, kleiner Prophet, lass uns doch in Ruhe das genießen! Weg mit den bösen Bildern! Lass uns in Frieden wenigstens in diesen wirren Zeiten ein wenig das kleine Glück genießen – der Mai ist doch soooo wunderbar!
Aber leider geht das nicht so einfach, leider leben wir immer in „beiden Welten“, wenn unser Herz noch schlägt und mitleiden kann. Wir leben in der wunderschönen Schöpferwelt Gottes, durchdrungen und zauberhaft unglaublich gestaltet bis ins kleinste Detail. Und fühlen die Macht der Hochmut, die unsere Welt zerreißt und verunstaltet, zersetzt und zerstört, verscherbelt und verdreht, bis am Ende nicht Schönes und wahrhaft Gutes mehr übrigbleibt.
Kann man denn in beiden „Welten“ leben mit ungespaltenem Herzen? Versuchen wir es. Gehen wir mit Jesus in diesen 50 Tagen von Ostern bis Pfingsten „über Land“. Vor Ort finden wir Ostern. Das Osterglück und Osterwunder beginnt unscheinbar und überraschend unter den Menschen, die ein Herz haben und denen Jesus meist unerwartet Gesellschaft leistet. Er kommt dazu und macht uns Mut, wo wir vor Ort seine Nächstenliebe leben. Lassen wir uns aus demselben Geist, den die Natur uns so eindrucksvoll und kraftvoll zeigt, ermutigen es mit dem Leben in beiden Welten auszuhalten. Die Wunden des Hochmutes nicht zu übergehen, ja sogar vielleicht die Finger hineinzulegen in diese Wunden, um glauben zu können. Sie nicht zu ignorieren, weil das leichter erscheint. Davor warnt Joel ja so eindringlich mit den schauerlichen Gegenbildern zu unserer Frühlingswelt.
Leidenschaftlich wie Joel wollen wir für Gottes guten und wahrhaftigen Geist streiten. Das beginnt mit dem Abstieg vom hohen Ross, dem Mut, das Leiden zu spüren und sich dem anzunehmen – aber ihm auch das Heile und schöne entgegenzuhalten.
„Demut macht glücklich!“ – das wäre mein Maimotto gegen den Hochmut in diesem Jahr. Demut als Brücke der Welten, als Heilsalbe und Rettungsanker. In beiden Welten zugleich unterwegs – Joel macht es vor. Er kündigt ihn ebenso an, diesen kraftvollen Pfingstgeist: er wird kommen und Grundlegendes wird er verändern!
Ihnen allen einen gesegneten Mai!
Ihre Pfarrerin Dorothea Sitzler-Osing
(aus Lütte im Hohen Fläming)